Die Geschichte des Hausmannsturmes, des ältesten Gebäudes der Stadt oder der Ansiedlung, geht zurück bis in das 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Einstmals unter den Franken als Frankenhaus bezeichnete Befestigungsanlage zum Schutze der Solequellen, bestand gewiß nur aus einer einfachen Holzkonstruktion. Aus ihr ist schließlich auch die Bezeichnung des Ortes hervorgegangen. Erstmals wurde Frankenhausen in einer Schenkungsurkunde des Kaisers Otto III. an das Kloster in Memleben erwähnt. In gleicher Schrift werden zwei Salzsiedestellen und Weinländereien erwähnt. /1/
Erst im 12. oder 13. Jahrhundert entstand ein einfacher massiver Bau einer Burganlage mit Palas und Bergfried, die ein wertvoller und geschätzter Grundbesitz in Verbindung mit den darunter liegenden Solequellen war. (Abb. 1)
Abb. 1 Grundriss des Hausmannsturmes um 1300 /2/
(1 Palas, 2 Bergfried, 3 Ringmauerrest, 4 Graben, 5 Stadtmauer )
Es ist anzunehmen, dass die Burg einen erhöhten Zugang an der Ostseite über eine Zugbrücke o.ä. besaß. /3/ Einstmals Eigentum der Rothenburger, kam die Burg in den Besitz der Beichlinger und schließlich der Schwarzburger Grafen – genauso wechselten die eingesetzten Burgvögte. Mit der rückläufigen Bedeutung des Rittertums, war auch die Erhaltung der Burg in Frage gestellt. Nicht zuletzt war ihre Eigenständigkeit durch den Bau der Stadtmauer eingeschränkt. So übergaben die Schwarzburger 1575 die Anlage an die Stadt. Aus Niederschriften von Geschichtsschreibern /3/ ist bekannt, dass bereits 1560 eine Hausmannswohnung in der Burg hergerichtet wurde und eine Gesamtsanierung derselben erfolgte. Die Hausmänner hatten die Aufgabe die Stundenglocke zu läuten, nachts die Viertelstunden mit dem Horn sowie auch Brandausbrüche zu verkünden. Mit der Übergabe an die Stadt erhielt der Turm einen neuen Turmknopf, der bereits 1613 erneuert werden musste. Während dieser Zeit wurde der Hausmannsturm als alte Burg bezeichnet. Die zuvor bekannten Bezeichnungen reichen von dem bereits erwähnten Frankenhaus 998 über Haus 1340, Oberhaus 1356, Oberburg 1381 bis zur Burg 1485. /4/
Die Auswirkungen des 30jährigen Krieges bis 1656 zehrten auch an der Bausubstanz des Hausmannsturmes, dessen Instandsetzung auf 300 Gulden veranschlagt wurde. Die Darstellung der Stadt durch Merian 1650 lässt darauf schließen, dass eine Instandsetzung der alten Burg erfolgt ist. Der Palas war in Richtung Süden mit einem Stufengiebel gestaltet und das großflächige Steildach mit mehreren Gauben oder Erkern unterbrochen. Der Bergfried war ein zylindrischer, überhöhter Turm mit einer achteckigen Turmhaube mit sechs äußeren Türmchen. Daraus aufsteigende sechs Stützen tragen die obere Turmhaube mit der Spitze und dem Turmknopf. Zwischen beiden Hauben war die Stundenglocke angebracht.(Abb. 2)
Abb. 2 Ausschnitt aus der Stadtansicht nach Merian 1650 /5/
Eine weitere Instandsetzung und deren Abschluss bestätigen die Geschichtsschreiber im Jahre 1709. Durch den fast gänzlichen Verfall des Turmes, erfolgte die Ausbesserung des unregelmäßigen Turmschaftes sowie der Aufsatz eines Turmoberteiles aus einer Holzkonstruktion ggf. mit Ausfachung o.ä. und einem Kalkanstrich. /3/ Darüber folgten in einem Abstand zwei Turmhauben und eine Spitze mit Turmknopf. Wann der ehemals vorhandene Stufengiebel zurückgebaut und der nach Osten gerichtete Erker angebaut oder verändert wurde, ist nicht zu ermitteln. Auskunft über den Bauzustand im Jahre 1801 geben lediglich die Darstellungen von Bleichrodt. (Abb. 3 und 4)
Abb. 3 Hausmannsturm um 1800 /6/ Abb. 4 Ausschnitt aus einer Stadtansicht 1801 /4/
Aus dem Jahre 1822 ist bekannt, dass Turm und Dach sich in einem guten Zustand befinden, die Südseite hingegen unansehnlich wirkt. Bedingt durch den Großbrand von 1833 und dem Neuaufbau des Rathauses waren die Gelder in der Stadt knapp geworden. Die Stundenglocke wurde abgebaut und erhielt bis heute einen neuen Platz im Rathausturm. Der Hausmann zog in die Frankenburg um und der ehrwürdige Hausmannsturm verfiel mehr und mehr. In der Nacht 28. zum 29.02.1860 tobte ein orkanartiger Sturm über Frankenhausen und riss die Turmhaube – auch als Butterglocke bezeichnete Abdeckung – aus der Verankerung und vom Turmschaft. Die Stadt erlaubte in der Burg ein unentgeltliches Wohnen, das weiterhin zum Verfall der Anlage beitrug.(Abb. 5) Zu besonderen Feierlichkeiten wurden an der Ruine Fahnen befestigt oder bengalische Feuer gezündet.
1895 mussten schließlich das gesamte Dach und ein Teil des Turmes abgetragen und mit einer waagerechten Abdeckung versehen werden.(Abb. 6) Über eine innen errichtete Treppe konnte das Dach betreten werden, um den herrlichen Ausblick in die Diamantene Aue zu genießen. /3/
Abb. 5 Postkarte 1890 Abb. 6 Ruine des Hausmannsturmes 1895 /3/
Auf der Grundlage eines Vertrages über eine 30igjährige Nutzung wurde der Hausmannsturm dem Allgemeinen Deutschen Burschenbund (ADB) übergeben. Nach Archivunterlagen kam es 1909 zum Abschluss eines Vertrages mit der Stadt, obwohl die Instandsetzungsarbeiten bereits begonnen wurden. Unter Leitung des Militärbauinspektors Kaiser vom Technikum unserer Stadt erfolgte die Instandsetzung. Ein neues einseitig gewalmtes Bieberschwanzdach mit einem Dachüberstand im Traufbereich, den Gauben und dem Erker in Richtung Osten verleihen dem Bau wieder ein würdiges Aussehen. An der Südseite wurden unterhalb des Walms fünf Rundbogenfenster angeordnet. Der Turm erhielt eine wetterfeste Betonabdeckung. Die gesamte Sanierung der Außenhaut konnte bis 1910 abgeschlossen werden.(Abb. 7, 8, 9)
Abb. 7 Nach der Fertigstellung 1910 /7/ Abb. 8 Ostseite im Winter 1926 Abb. 9 Südseite etwa 1928 /8/
Alljährlich zu Pfingsten veranstaltete der ADB den Bundestag in der Stadt, an dem auch der Hausmannsturm im Mittelpunkt des Geschehens stand und als Logo verwendet wurde. Initiator der Treffen war der Gründer des ADB Dr. med. Konrad Küster (2.2.1842 – 17.09.1931).
Einen weiteren Umbau erfuhr der Hausmannsturm in den 30er Jahren mit dem Abnahmedatum 24.05.1933. /9/ Das Projekt des Umbaues wurde begutachtet und überarbeitet von Architekt Suhnel aus Mühlheim, um charakteristische Details alter Burgen nicht zu verfälschen. Alle Dachüberstände und Dachgauben wurden entfernt sowie zwei Fenster an der Südseite geschlossen.(Abb. 10) Ein großzügig angelegter Festplatz von 20 x 30 m mit Mauereinfassung wurde geschaffen. Durch eine außenliegende Freitreppe und ein Tor von Süden konnte der Innenraum erreicht werden. Eine Ehrenhalle von 6,45 x 12,00 m² und einer Höhe von 6 m wurde eingerichtet und z.T. um 1,7 m zusätzlich abgesenkt. Der Höhenunterschied wurde durch Stufen ausgeglichen. Eine Gedenktafel zur Ehrung der im 1. Weltkrieg gefallenen Kameraden fand an der Südmauer ihren Platz. Der Turm wurde von 20 m auf 26 m erhöht und erhielt innen eine Wendeltreppe.
Abb. 10 Hausmannsturm 1933 /7/
Mit der Naziherrschaft kam die Umbenennung des ADB in den Burschenschaftsbund und damit endeten auch weitere Aktivitäten. Schließlich nutzte die Waffen-SS den Hausmannsturm als Warenlager für die Wehrmacht, das am 11.04.1945 zur Plünderung freigegeben wurde. Danach erfolgte der sichere Verschluss sämtlicher Zugänge ins Innere des Hausmannsturmes.
Erst 1953 erfuhr das ehrwürdige Gebäude kleinere Reparaturen sowie die Einrichtung einer Gedenkstätte zu Ehren des Bauernkrieges. Seit jener Zeit war das Bauwerk hilflos dem Verfall preisgegeben. (Abb. 11)
Abb. 11 Stand der Verwitterung des Gesteins 1965 /10/
Die Mauern aus dem in der Umgebung anstehenden Anhydrit verwittern schneller als ein gewöhnliches Bauwerk. Durch chemische Bindung von Wasser und der Entstehung von Gips kann eine Volumenvergrößerung um 62 % erfolgen. Der von der Oberfläche ausgehende schuppenartige Zerfall des Gesteins verläuft unkontrolliert und unterschiedlich. Regelmäßiges Verfugen ggf. noch mit wasserabweisenden Mörteln und geringe Angriffsflächen schaffen, sind das einzige Mittel zur Erhaltung derartiger Bauwerke.
So verwitterte und verwahrloste der Hausmannsturm bis schließlich ein Teil der Mauer an der Süd-West-Ecke zusammenbrach. Nun kam offensichtlich jede Hilfe zu spät. Die Instandsetzung der Ruine war nicht abzusehen. (Abb. 12, 13, 14)
Abb. 12 Ausbruch der Süd-West-Ecke 1970 Abb. 13 Baubestand 1980 /3/ Abb. 14 Ansicht 1975 /5/
In einer Mitgliederversammlung des MSC Bad Frankenhausen im ADMV der DDR am Ende des Jahres 1980 wurde die Idee zur Wiederinstandsetzung des Hausmannsturmes geboren und in den nächsten Jahren verwirklicht. Für den MSC sollten Versammlungs- und Clubräume dadurch geschaffen werden. Sowohl vom Bürgermeister Paul Otto als auch die Abteilung Kultur beim Rat des Bezirkes Halle, Arbeitsgruppe Denkmalpflege Dr. Findeisen und die Bezirksleitung des ADMV unterstützten diese Pioniertat. Die Projekterarbeitung erfolgte federführend von Hilmar Rödiger und Jochen Ehrenberg. Von den maximal 75 Mitglieder umfassenden Bauaktivs mit bis zu 500 h/Jahr soll an dieser Stelle nicht näher berichtet werden. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die insgesamt erbrachte Leistungsbeschreibung und die namentliche Aufstellung der Mitwirkenden in einer Chronik des MSC festgehalten würden.
Außer den Zuleitungen von Elektrizität und Trinkwasser mussten 23 m³ Mauerwerk an der Süd-West-Ecke und 30 m³ am Turm weggeräumt und erneut versetzt, Zwischendecken eingezogen, Fenster eingesetzt, das Dach eingedeckt und Dachrinnen angebracht werden. Die genannten Arbeiten mussten unter den Bedingungen der Materialbilanzierung in der DDR gesichert werden. (Abb. 15, 16) Die Innenausstattung erfolgte mit aktiver Unterstützung des Maler und Grafikers Fritz Wallrodt.
Abb. 15 Nach der Sanierung, 1995 /11/ Abb. 16 Ansicht 2003
Der Hausmannsturm ist für Heimatverbundene und Fremde erhalten geblieben und wird gern im September zum Tag des Denkmals aufgesucht und besichtigt. Aber vor allen für die Mitglieder des MSC Bad Frankenhausen e.V. ist er eine Heimstätte für Versammlungen, Feiern und andere Höhepunkte im Vereinsleben geworden.
Die Werterhaltungsarbeiten reißen nicht ab. Bereits 2004 wurde das Erkerdach neu eingedeckt und die Dachklempnerarbeiten in diesem Bereich komplett durchgeführt. Dazu kam die aufwendige Verfugung der Fassade an der Südseite des Gebäudes. (Abb. 17)
Abb. 17 Hausmannsturm nach Sanierung der Südseite, 2005
Mit Stolz darf man feststellen, dass der Hausmannsturm - ein Kleinod unserer Stadt - in guten Händen liegt und gelassen seiner Zukunft entgegen sehen kann.
Eckhard Pförtner April 2005
Quellennachweis
/1/ Veröffentlichungen des Kreisheimatmuseums Bad Frankenhausen, Heft 16, Druckerei
Möbius, Artern, 1998
/2/ Exkursionsführer, Burgen und Schlösser im Kyffhäusergebirge, Erholungswesen
Bad Frankenhausen, Druckerei Möbius, Artern, etwa 1987
/3/ MSC Bad Frankenhausen im ADAC Deutschland, I. Mansel / J. Ehrenberg,
Druckerei Pauli Hof – Treuen, 1998
/4/ Veröffentlichungen des Kreisheimatmuseums Bad Frankenhausen, Heft 1, Druckerei
Möbius, Artern, 1969
/5/ Kyffhäuser . Bad Frankenhausen, H. Kugler, Brockhaus-Verlag Leipzig, 1970
Kyffhäuser . Bad Frankenhausen, H. Kugler, Tourist-Verlag Leipzig, 1979
Kyffhäuser . Bad Frankenhausen, H. Kugler, Tourist-Verlag Leipzig, 1982/83
/6/ Bilder aus Frankenhausens Vergangenheit, Fritz Brather, Verlag C. Werneburg, Bad
Frankenhausen, 1930
/7/ Bilder einer kleinen Stadt, P. Rochhaus, Sutton Verlag GmbH Erfurt, 2001
/8/ Postkarte, Conrad Jacobi, Leipzig
/9/ Thüringisches Kreisamt Sondershausen, Unterbehörde des Ministeriums des Inneren,
unter 987 Band 1 – 48 im Thüringischen Staatsarchiv Gotha, April 2004
/10/ Postkarten, Foto Görtz, Bad Frankenhausen
/11/ Postkarten, Foto Bark, Bad Frankenhausen
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