1801 - 1900
   
 
 
                                                                                                

 
 
DIE JAHRE 1801 - 1900

 

Die sich rückläufig entwickelnde Salzproduktion sollte 1803 durch den Bau von zwei großen Gradierwerken (etwa 100 m lang) nochmals aufleben bzw. rentabler gestaltet werden. Seit 1828 bis 1879 erfolgte aufgrund des Holzmangels der systematische Abbau der Braunkohlenvorkommen östlich von Frankenhausen für die Salzsiedereien. In der Blütezeit waren bis zu 135 Personen im Kohlebergbau tätig. Die vorhandenen lokalen Kohlelinsen hatten Mächtigkeiten bis zu 20 m.

In der Zeit von 1818 bis 1819 wurde im unteren Bad  ein Badehaus mit sechs Kabinen errichtet, das zugleich den Grundstein für die spätere Entwicklung der Stadt bildete – Beginn des Kurbetriebes.

Erstmalig  im Jahre 1810 führte der Kantor Georg Friedrich Bischoff (1780 – 1841) ein Musikfest in der Unterkirche durch.

Vor der Jahrhundertwende, d.h. noch im 18. Jahrhundert, begann der Aufbau der Zigarrenproduktion in Frankenhausen.

1825 wurden am Anger sehenswerte, attraktive Fachwerkhäuser durch einen Brand zerstört. Danach entstand an gleicher Stelle das Wollhändlerhaus in seiner heute noch sichtbaren Form, welches später als Gymnasium genutzt wurde. Im Jahre 1833 pflasterte man den Anger und errichtete Häuser in der Schwedengasse. Der Wegfall der  Stadttore erlaubte eine stetige Vergrößerung des Ortes. Ab 1850 erfolgte die Bebauung der Lindenstraße, Bahnhofstraße, Nordhäuser Straße, Kyffhäuser Straße sowie entlang der Wipper und des Wallgrabens.

Der Großbrand im Jahre 1833 vernichtete im Stadtkern das alte Rathaus sowie 170 Häuser. Er erstreckte sich vom Jungfernstieg bis zur oberen Bornstraße. Bereits ein Jahr später entstand das neue Rathaus in der uns heute bekannten Form. Die Leitung zur Errichtung der neuen Gebäude lag in der Hand von Bauinspektor Bleichrodt, der auch den Verlauf der Kyffhäuserstraße geplant hatte.

Durch August Zierfuß, der 1831 von seiner Wanderschaft aus Wien zurückkehrte, begann die Ansiedlung der Perlmutterindustrie in Frankenhausen. Während sich 1863 bereits 8 Fabriken, 1871 schon 10 Fabriken, 1880 sogar 23 Fabriken in Frankenhausen befanden, war 1890 die Blütezeit erreicht. Ein beachtlicher Teil der Knopffabriken befand sich in der Altstadt, sodass  1890 dieselbe mit eingemeindet wurde. Schon 1891 – 1892 kam es durch weltwirtschaftliche Einflüsse zu Stagnationen in der Perlmutterindustrie. Arbeitslose Knopfmacher, die sich zunehmend organisierten, wurden für Pflanzarbeiten  („Knopfmacherhölzchen“) eingesetzt. Neben den Meeresmuscheln, kamen auch Meeresschnecken, wie Burgos und Trokas zur Verarbeitung. /23/

Genau 100 Jahre nach dem Brand des Kirchturmes der Oberkirche, wurde in der Nacht vom 18.1. zum 19.1.1859 der Doppelhelm oder die „Butterglocke“ des Hausmannsturmes durch einen Sturm abgedeckt. /22/  Amtsrichter Ketelhodt berichtet wiederum, dass sich dieses Unglück am 28.2. zum 29.2.1860 ereignete. /15/

Die heutige Thomas-Müntzer-Schule konnte 1871 fertiggestellt und seiner Bestimmung übergeben werden. Für den Bau des ersten Schwimmbades im Jahre 1888 westlich der Schule mussten die Stadtmauer sowie die sich darauf befindlichen Türme abgetragen werden.

Südlich davon, unterhalb der Maniskestraße zwischen Klosterstraße und Wallgraben entstand 1850 eine Zuckerfabrik mit nur kurzfristiger Bedeutung, da die Anbindung an eine Bahnlinie fehlte und die Kapazität der Anlagen zu klein ausgelegt war. Dennoch verfügte die Produktionsanlage seit 1867 über eine eigene Gasanstalt in einem separatem Gebäude nordöstlich des Kompaktbaues. Schon 23 Jahre später im Jahre 1890 erfolgte ein Teilabriss.

Eine gute Entwicklung nahm der 1880 gegründete Mühlenbaubetrieb Landgraf später „Fanal“.

Als Bereicherung sowie wesentliche Grundlage für das weitere Werden der Stadt, war der Eisenbahnbau bis Bretleben im Jahre 1894 sowie die Erweiterung bis nach Sondershausen 1898 zu werten.  Damit verbunden war auch die weitere Bebauung der Bahnhofstraße.

Das in den zurückliegenden Jahrhunderten schon mehrfach erneuerte Schloss, wurde 1889 erneut durch einen Brand zerstört. Schlussfolgernd aus dem aktuellen Brand und aus der Geschichte der Stadt, wurde 1892 die Freiwillige Feuerwehr gegründet.

Im Jahre 1896 konnte das neu errichtete Kyffhäuser-Technikum als Ausbildungsstätte für Konstrukteure im Flugzeug- und Motorenbau seiner Bestimmung übergeben werden. Spezialkenntnisse erhielten die Absolventen im Maschinenbau, Landmaschinenbau, Elektrotechnik und Automobilbau. Mit einem ausgezeichneten Lehrkörper erfreute sich die Einrichtung eines außerordentlich hohen Ansehens in der Industrie. Im Laufe der Jahre wurden hier Ingenieure für das In- und Ausland ausgebildet, so z.B. in den 20er Jahren bis zu 550 Studenten.

Leider mussten mit dem Bau dieser Bildungsstätte das ehemalige Kloster, Nebengebäude, Klosterfriedhof und die Mauer, welche das Kloster umgeben hat , abgerissen werden. Das Refektorium (Speisehaus der Nonnen) des Klosters, welches seit 1552 als Lyzeum genutzt wurde, ging mit in die Verantwortung des Technikums über. Dank der großmütigen Unterstützung von W. Schall konnte das Technikum finanzierbar gemacht werden und der Wilhelmstift, die Kinderbewahranstalt, die Erhaltung der Kirchen u.a. ermöglicht werden.     

Im gleichen Jahr konnte das 81 m hohe Kyffhäuserdenkmal auf dem Burgberg fertiggestellt und mit einem regelrechten Fest eingeweiht werden.

Ebenfalls als ein Anziehungspunkt für Touristen und Interessierte wurde die Barbarossahöhle für Besucher zugänglich gestaltet. Die Höhle wurde im Rahmen einer Kupferschiefererkundung im Jahre 1865 entdeckt.

Neben der bescheidenen übrigen industriellen Entwicklung, sollte die Salzproduktion in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts nochmals belebt werden. Die längst überholte Salzordnung vom Ausgang des Mittelalters wurde 1873 aufgehoben. Von nun an konnte ein Pfänner bis zu sechs Sölden besitzen.

In den Jahren 1854 bis 1857 wurde die Schüttschachtquelle (12 % Salzgehalt), eine Bohrung in unmittelbarer Nähe der Elisabethquelle (2,5 % Salzgehalt), auf 358 m abgeteuft. Etwa zehn Jahre später 1866 erfolgte eine erneute Bohrung in 385 m Tiefe. Die anstehende Sole ist nahezu gesättigt.

Das 1818 errichtete Badehaus in unmittelbarer Nähe der Quelle fand großen Zuspruch, sodass 1878 ein großes Badehaus anstelle des Gradierwerkes im Bereich des Kurparks entstand. In diesem Zusammenhang erfuhr der Park eine Gestaltung als Zentrum für Gäste und Erholungssuchende.

Das Krankenhaus in der Münze wird 1861 geschlossen und das auf dem Tischblatt von 1861 bis 1863 entstehende neue Haus bezogen.

Der Apotheker Hankel lässt 1861 die Sole auf ihre Zusammensetzung und Heilwirkung in Jena untersuchen.

Im unteren Bad kam 1873 zum Badehaus noch ein Inhalationshaus hinzu. Drei Jahre später wurde mit Einsatz und Engagement der Minna Hankel eine Kinderheilanstalt an der Wipper errichtet, welche 1890 auf  200 Betten  ausgebaut wurde.

Im Bereich des Freibades entstand 1884 ein Kinderbadehaus.

So stieg die Anzahl der Badegäste 1860 von 82 auf 1555 im Jahre 1894. In der Umgebung der Stadt entstanden Ausflugsziele und Wanderwege wurden angelegt und beschildert.

1894  bis 1900 erhielt Frankenhausen eine zentrale Trinkwasserversorgung aus einem in den Arkosesandstein getriebenen Stollen im Bärental. In den Folgejahren entstand die Gruppenwasserversorgung „Kyffhäuser“.

1899 lässt die Stadt ein Gaswerk in der Nähe des Bahnhofs errichten.

 

Im Bereich des späteren Kurhauses wurde ein weiteres Gradierwerk errichtet. Aus alten Berichten geht hervor, dass die Pump- und Förderanlage mit dem dahinterstehenden Bohrturm mit Holzverkleidung im unteren Bad eine technisch imponierende und sehenswerte Einrichtung  war.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ausgehend von dem Brand in einer Scheune der unteren Klosterstraße im Jahre 1833 entstand ein Stadtbrand größten Ausmaßes. Vom Jungfernstieg bis zur Frauenstraße wurde der größte Teil der mittelalterlichen Stadt mit dem Rathaus zerstört. Insgesamt wurden 170 Häuser von den Flammen zerstört u nd die gleiche Anzahl war unbrauchbar  und baufällig.

 

Seit Anfang dieses Jahrhunderts wurden in Frankenhausen Nähnadeln in hoher Qualität hergestellt und vornehmlich an Wiener Perlmutterknopfmacher verkauft. Noch gefördert durch die Wanderschaft, brachten die Brüder  Zierfuß (August 1803 – 64, Karl 1809 – 69, Eduard 1813 – 70, Johann - Friedrich  1793 – 66)  das Knopfmacherhandwerk nach Frankenhausen. 1831 gründete August Zierfuß im elterlichen Haus in gleichnamiger Straße die erste Knopffabrik. /23/ Bis 1870 entstanden  13 neue Betriebe in der Perlmutter-Knopfmacherbranche. Die Fertigung erfolgte bis um 1900 nur in Heimarbeit, wie es A. Kowol  in seinem Gemälde darstellt. Erst im neuen Jahrhundert vollzog sich die Konzentration  in Fabriken.  (etwa 1870 /23/ )

Am 06.04.1877 konnte das großzügig und zweckmäßig errichtete Schulgebäude in der  Brather – Straße bezogen werden. Die Bürgerschule nahm außerdem noch Klassen des Realprogymnasiums sowie der höheren Töchterschule auf. Das Lyzeum wurde bereits 1831  (nach  279  jähriger Tradition) für höhere Klassen geschlossen.  (2003 )

In den Jahren 1894 – 98 entstand die Bahnlinie Bretleben – Sondershausen. Damit wurde Frankenhausen für die Entwicklung der Industrie erschlossen und die Anfahrt der Kurgäste auf dem Bahnweg ermöglicht. Ein aus Fachwerk und angenehm aussehenden Holzkonstruktionen errichteter Bahnhof mit Güterschuppen, Aborten und einem Wasserturm wurde zu einer weiteren Attraktion der Stadt. (etwa 1910 /E. Otto/ )

 

Das Kyffhäuser-Technikum wird 1896 in Frankenhausen gegründet. Das ehemalige Lyzeum sowie die Fläche des früheren Zisterzienserinnen-Klosters wurde zur Bebauung genutzt. Neben einer Maschinenhalle 1905 – 1908 entstand ein Winkelbau 1900 - 1902 mit Labor- und Unterrichtsräumen. Die Vielseitigkeit und das moderne Lehrprogramm der Bildungseinrichtung unter der Leitung von Professor Siegmund Huppert (1902 – 31.03.1931) verschafften ihr in ganz Europa hohes Ansehen und einen ausgezeichneten Ruf. 

Zur Huldigung des Kaisers Wilhelm I. wurde nach dem Entwurf  von Professor Bruno Schmitz das Kyffhäuser–Denkmal  durch die Frankenhäuser Baufirma Reichenbach errichtet und 1898 fertiggestellt.  Das insgesamt 81 m hohe Bauwerk wird oben mit der deutschen Kaiserkrone vollendet. Am Fuße des Turmes wird die Barbarossasage dargestellt und mit dem Denkmal die 1871vollzogene Einheit sowie Treue und Stolz zur Nation versinnbildlicht. (etwa 1990 /28/ )

 

Im Jahre 1896 begann man mit dem Bau eines etwa 2000 m langen Trinkwasserstollens etwa in nördlicher Richtung, beginnend im Bärental. Von hier wurde die gesamte Zechsteinablagerung  mit dem Stollen durchfahren und musste somit vollständig ausgemauert werden. Nach etwa 800 m, mit dem Eintritt in den roten Karbonsandstein, wurde das erste Stautor gesetzt. (2003)

Mit der Einweihung des neuen Friedhofes in der Lindenstraße/Udersleber Weg am 1.10.1887  wurde auch der alte Friedhof in der Zinkestraße nach 288 Jahren geschlossen. /2004/

Am 27.12.1888 wurde die neue Post in  der  Langen Straße eingeweiht. Doch bereits 10 Jahre später wurde die Pferdepostlinie Frankenhausen-Sondershausen

am 1.10.1898 eingestellt. Für die Kurgäste und Besucher  blieb eine Postomnibuslinie in Richtung Kyffhäuser und Barbarossahöhle erhalten. Mit der

Eingemeindung der Altstadt musste ein neuer Straßenname, nämlich Poststraße, gefunden werden, um Verwechselungen mit der gleichnamigen Altstadtstraße

zu vermeiden. Das am 1.05.1803  erstmals gegenüber der Domäne eingerichtete sächsische Postamt (Abb. 158) wurde damit aufgelöst.

(2003, etwa 1937 /E. Otto/ )

In unmittelbarer Nachbarschaft des Hospitals St. Severin entstand östlich davon im Jahre 1896 der Wilhelmstift als Kinder- und Jugendheim für verwahrloste

Kinder. Der Wohltäter, der die Finanzierung des nur  wenig auffälligen Baues übernahm, war Wilhelm Schall. (1910  /39/ )